Johann Christoph Friedrich Haug (* Niederstotzingen 1761 + Stuttgart 1829)
Ein höheres Wesen, voll weiblicher Güte,
Ein höheres Wesen, voll weiblicher Güte,
So wundersam zart, ach! so lieblich und hehr -
Zur Holdin erwählt` ich`s im stolzen Gemüthe.
Treu dien` ich wie lange! Treu lieb` ich wie sehr!
Nur Wehe - neuer Sold für Lieb` und Treue -
Nur Wehe fühlt mein Herz, doch keine Reue.
Bekennen nicht will sie den Frevel, den schweren,
Nicht wissen, daß sie mich der Sinne beraubt.
Sie könnte mir Reichthum und Wonne bescheren,
Verhüllte sie nimmer das heilige Haupt,
Da frommt ein Blick, ein Lächeln oder Grüßen,
Drey Jahre Liebeskummer abzubüßen.
Soll ich nun die Herzeneroberin lassen? -
Ach nein! Mir gebietet die Minne zu sehr.
Und wenn sie mir lohnte mit Quälen und Hassen,
Ich müßte sie minnen je länger, je mehr.
Mir bleibt die Zauberin, mein Quell der Schmerzen.
In meinen Augen sanft, und lieb im Herzen.
Für alle Genüße des fröhlichen Mayen,
Für seine Verklärung und üppige Pracht,
Genügt mit der Lieben ein liebliches Zweyen,
Was Erdenaturen zu göttlichen macht.
O was für Freudeblumen dürft` ich pflücken!
Nie kann so süß der Wonnemond entzücken!
So trunkenes Wünschen erhabener Dinge,
So himmlische Bilder begeistern mich oft,
Daß in der Träume Geburtsland mich schwinge,
Erbeute, was drunten mein Schwachmuth kaum hofft,
Und selbst des Kaisers Lust kein Haarbreit wiche,
Bey Lustgedanken an die Minnigliche.