Ludwig Tieck (* Berlin 1773 + Berlin 1853)
Man soll hören süßes Singen
Man soll hören süßes Singen
In den Auen überall,
Löblichen Gesang erklingen
Voraus von der Nachtigall,
Schauet auf den Anger breit
Und auch an die lichte Heide,
Wie schöne sie sich mit dem Kleide
Zu dem Meyen hat bekleidt.
Mannicher hande Blümelein
Lachen aus des Meyen Thaue,
Zu der lichten Sonnen Schein,
Die Zeit ist in werther Schaue:
Was soll trösten mir den Muth,
Da mich zwinget Herzens-Schwere,
Bey der ich viel gerne wäre,
Daß die mir nicht Gnade thut?
Ach viel minnigliche Gute,
Entbinde mich von sehnender Noth,
Laß mich nicht aus deiner Huthe,
Sonst bin ich an Freuden todt,
Deine Hülf` ich muß begehren,
Giebst du mein Herze aus deiner Pflicht,
Kann mich trösten anders nicht,
Als du wolltest Gnade gewähren.
Gewalt noch manchen wohl besieget
Wenn man darf den Weisen trauen
Wo man keiner Genade pflieget,
Das soll man sehn an meiner Frauen,
Die ist gar gewaltig mein
Ohne Gnade, die viel Gute
Läßt mich trauern, in Unmuthe
Muß ich bis an mein Ende seyn.
Minne, du sollst seyn gemeine,
Oder ich bin an Freuden todt,
Füge daß mich lieblich meine
Der viel Lieben Mündel roth,
Da du bist gewaltig mein
Und leitest meine Sinne
Wie du willst, ach werthe Minne,
So sollst auch ihrer gewaltig seyn.